Wunschgemäß hier der Dreiklang in der Bewertung:
Speisen
Wir hatten das offiziell aus vier Hauptgängen, Käse und Dessert bestehende Degustationsmenü.
Im Endeffekt gab es zehn (!!) Portionen verschiedener Amuse Bouches, die in teilweise größter Detaillierung ausgearbeitet aufgetragen wurden. Alleine das hätte für einen normalen Esser...völlig gereicht. Variantenreich, die typischen Aromen der Zutaten wunderbar kombinierend war das ein Ausflug durch die traditionelle burgundische Küche mit leicht mediterranem Einschlag. Genau der gefiel mir nicht so besonders, aber ich bin eh kein Fan von Avocados (in welcher Zubereitung auch immer).
Ein Gang mit Jakobsmuschel, Pfifferlingen und Krebsfleisch war handwerklich sensationell - die Pilze hatten exakt dasselbe Bißgefühl wie das Krebsfleisch, die Jakobsmuschel war allerfeinst und alles zusammen eine sanfte Ouvertüre der Hauptgänge.
Seezunge mit Seeigel-Sabyon eine Entdeckung, die man nur in höchstklassiger Küche finden wird. Garung, Abstimmung der Nappierung, Biß - einfach perfekt gelungen.
Mit Wucht tritt Burgund bei Charolais mit Gänseleber auf. Unerwartet, daß hier ein "Burger" gereicht wird, der mit Carpaccio von der Lende umwickelte Stäbchen von feiner Gänselber beinhaltet. Das verhilft der Komposition zu Leichtigkeit trotz schweren Geschützes mit reichlich Leber. Dazu wird lauwarme Consommée vom Rind gereicht, die erahnen läßt, wieviel Geduld und Arbeit alleine in dieser "Beilage" steckt.
Letzter Hauptgang ein reichliches Stück perfekten Rehfilets, dem einzig die mir persönlich nie schmeckende Beilage aus Maisbrei (wenn auch in perfekter Darreichung als Quadrat von ebenmäßiger Form und Textur) nichts Gutes tat.
Der Käse ist natürlich in idealem Reifegrad und auf den Punkt temperiert, so daß man mit großer Freude sich reichlich auftun läßt.
Das Dessert (nach einem Sorbet als Zwischengang) fängt den langsam konditionell angegriffenen gast sanft mit einer fruchtige Säure auf und entläßt wohlig-übersatt zur Nacht.
eine große Aufführung, eine gelungene Komposition!
Atmosphäre
Die vielen Räume (mindestens vier) sind unter der Woche ausgebucht. Trotz voller Besetzung ist nichts hektisch oder wirkt störend. Man kann an den fensterlosen Innenräumen auf die Dauer etwas die klaustrophobische Anmutung kritisieren, schließlich sitzt man ja an einem solchen Menü gute vier Stunden.
Sehr zurückhaltende Farbgebung, die historischen Bauteile des Hauses in sehr gutem Erhaltungszustand, dazu ausreichend Platz um die Tische. Etwas "technisch" die LED-Tischleuchten, da wäre wenigstens eine Glühbirne stilvoller. Die Teppiche sind ofensichtlich Saisonware und Ende Oktober schon etwas ramponiert.
Offensichtlich behagt alles den Gästen, die Unterhaltungen an den tischen sind lebhaft, ohne daß es unangenehm laut würde.
Service
Das perfekt eingespielte Serviceteam unterstützt Küchenleistung und Atmosphäre vortrefflich. Einzig einmal wurde vergessen, beizeiten den Wein zum Gang einzuschenken, was schnellstens nachgeholt wurde. Ansonsten ohne Fehl.
Besondere Hervorhebung die Leistung des Sommeliers: Seine Empfehlung gesondert für die kleinen Vorspeisen und die Gänge war teilweise sehr überraschend, durchaus auch mutig, stets aber in hervorragendem Einklang zum servierten Gericht. Die Herkunft war bis zum Schluß burgundisch mit Auxey-Duresses, Meusault, Morey-Saint-Denis, Pommard und Gevry-Chambertin. Zuletzt überrascht er mit einem Wein aus Jurnacon, der extrem ungewöhnlich schmeckt, aber zum Dessert perfekt paßt.Mehr